Verfestigte neue Lebensgemeinschaft
das Amtsgericht Essen hat sich in einem für meine Begriffe bemerkenswerten Urteil mit der Frage beschäftigt, wie lange eine neue Lebensgemeinschaft einer unterhaltsberechtigten Person andauern
muss, bevor der Unterhaltsanspruch verwirkt sein kann. Bislang ging man entsprechend der alten Rechtsprechung des BGH davon aus, dass die neue Lebensgemeinschaft mindestens 2 bis 3 Jahre Bestand
gehabt haben muss.
Das Amtsgericht Essen sieht vielmehr bereits nach einem Jahr eine verfestigte Lebensgemeinschaft als gegeben an. Es begründet seine Entscheidung auch mit der historischen Entwicklung unserer
Gesellschaft. Ursprünglich war es so, dass der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nur dann unterging, wenn dieser erneut heiratete. Aus diesem Grunde wurde also in vielen Fällen von einer
neuen Heirat abgesehen. Dies veranlasste die Rechtsprechung den Umstand der verfestigten neuen Lebensgemeinschaft als Härtegrund für die Verwirkung des Unterhaltes ins Gesetz aufzunehmen. Damals war
der Regelfall eben das Zusammenleben in der Ehe, die Scheidungsrate war niedrig und die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften gering. Da die Lebensform des nichtehelichen Zusammenlebens nur
geringe Akzeptanz hatte, wurde von den Gerichten eine mehrjährige Dauer als nötig erachtet, um eine Ähnlichkeit mit der damals regelmäßig lebenslang andauernde Ehe annehmen zu können.
In den vergangenen mehr als 20 Jahren sind die Zahl der Eheschließungen und die durchschnittliche Ehedauer erheblich zurückgegangen. Die Scheidungsquote dagegen ist erheblich gestiegen. Die
nichteheliche Lebensgemeinschaft hat eine breite gesellschaftliche Anerkennung gefunden und ist heute in der Vielzahl der Fälle kein bloßes Durchgangsstadium zu einer neuen Ehe. Sie ist eine auf
Dauer gewählte Lebensform. Anders als vor über 20 Jahren bestehen inzwischen kaum Hemmungen, eine fehlgeschlagene eheliche oder nichteheliche Lebenspartner schafft nach kurzer Zeit zu beenden.
Insoweit ist die Überlegung überholt, erst nach 2 bis 3 Jahren könne beurteilt werden, ob die Partner nur probeweise zusammenleben.
Schließlich betont das Amtsgericht, und dies finde ich sehr richtig, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse sich geändert haben. Es kann nicht mehr festgestellt werden, dass eine lebenslange
Solidarität trotz beendeter Ehe als angemessen erachtet wird. Vielmehr wird es, wie die Unterhaltsreform es zeigt, als angemessen gewertet, dass sich die Eheleute nach einer kurzen Übergangszeit auf
die geänderten tatsächlichen Umstände einstellen müssen.
Ich hoffe, dass dieses Urteil gegebenenfalls durch die Überprüfung der höheren Instanzen, Bestand haben wird.
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